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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien
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Wie können Studierende eine Prüfung ablegen, wenn sie nicht anwesend sind? Vor dieser Frage standen Dr. Silke Braselmann und die Lehrbeauftragten Jolene Mathieson und Oliver Moisich, die alle ein Einführungsseminar in die Englische Fachdidaktik hielten. Gefragt waren pfiffige Ideen, um das Studieren während der Corona-Pandemie weiter zu ermöglichen. Die Lösung heißt „multimodale take-home exams“ und sie wird in diesem Jahr mit dem Lehrpreis im Themenschwerpunkt „Gute Prüfungspraxis“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausgezeichnet. Überreicht wird die Auszeichnung zum Dies Legendi, dem „Tag der Lehre“ am 21. November in den Rosensälen der Universität (Fürstengraben 27).
Das Schlüsselwort heißt Vertrauen
„Die Aufgabenstellung heißt, eine Unterrichtsstunde vorzubereiten und den Entwurf in einem fachsprachlich überzeugenden Essay zu erklären sowie eine komplexe Fachfrage in einem weiteren Kurzessay zu beantworten und in einen breiteren Kontext einzuordnen“, sagt Silke Braselmann. Dafür stehen insgesamt 48 Stunden zur Verfügung. Es sei unerheblich, welche Hilfsmittel die Studierenden für ihre Prüfungsaufgabe verwenden oder ob sie sogar in der Gruppe arbeiten, was für die Lehrenden eh nicht nachvollziehbar ist. Das Schlüsselwort heißt Vertrauen. Geht es doch um Fertigkeiten, die für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer essentiell sind. „Wir setzen da voll auf die intrinsische Motivation der Teilnehmer“, sagt Silke Braselmann. Die Prüfung sei gut geeignet, die spätere Arbeitsweise bei der Unterrichtsvorbereitung zu simulieren. Meist würden die Prüfungsthemen direkt dem Tagesgeschehen entnommen, so Silke Braselmann. Themen in der Vergangenheit waren z. B. der Brexit oder der Sturm auf das Capitol in den USA, die Studierenden bekommen hierzu einen Cartoon, ein Video, einen Blogeintrag oder anderes Material zur Verfügung gestellt, welches sie in die Stundenplanung einfließen lassen sollen. „Die Studierenden sind somit herausgefordert, kreative Zugänge und eigene Lösungen zu finden“, sagt Silke Braselmann. Angesichts der Zeitbegrenzung auf 48 Stunden und eines durchschnittlichen Umfangs von sechs bis acht Seiten Text, sei schon ordentlich Druck gegeben – eine echte Prüfungssituation, auf die Studierenden durch verschiedene Übungen im Semester vorbereitet werden. Die Studierenden sind gefordert, rasch und effizient zu arbeiten. Jeder gewählte Schritt muss unter Rückgriff auf das theoretische Wissen begründet werden, so werden Theorie und Praxis bestmöglich miteinander verschränkt. In der Begründung der Jury heißt es, die Lehrende habe konsequent ein „innovatives und kompetenzorientiertes Prüfungsformat eingesetzt, das konsequent didaktischen Prämissen folgt und so als Vorbild für andere Fachgebiete wirken kann“.
Das Prüfungsformat hat sich in der Praxis etabliert
Silke Braselmann nennt es eine Herausforderung, gute Prüfungsformate zu entwickeln. Mit dem „muItimodalen take-home-exam“ sei das offensichtlich gelungen. Anders als bei der ursprünglichen Prüfung im Multiple-Choice-Verfahren gehe es nicht darum, stets die exakt richtige Antwort zu wissen, sondern kreativ eine gute Lösung zu finden. „So erkennen die Studierenden, warum sie bestimmte Lehrinhalte tatsächlich lernen müssen“, so Braselmann. Das neue Prüfungsformat wurde inzwischen in der „Zeitschrift für Hochschulentwicklung“ vorgestellt, außerdem präsentierten es Braselmann, Mathieson und Moisich beim E-Learning-Day der Universität Jena 2021. Es gibt Interesse aus anderen Fächern, diese Art der Prüfung zu übernehmen. Auch nach der Corona-Pandemie wurde das Format beibehalten, es hat sich etabliert und wird von den Studierenden gut angenommen. Obwohl formal nur Silke Braselmann als Preisträgerin geehrt wird, betont sie, dass die Auszeichnung dem ganzen Team gebühre. Was mit dem 2.500 Euro Preisgeld geschieht, das sei noch nicht entschieden. Überlegt wird eine Exkursion mit Studierenden anzubieten, die gemeinsam von Braselmann und Moisich durchgeführt wird.